Nachhaltigkeit hat bereits in vielen Lebensbereichen Einzug gehalten. Beim Einkauf wird verstärkt darauf geachtet, wo die Lebensmittel herkommen und nach welchen Standards diese produziert worden sind. Aber wie sieht es mit dem Smartphone aus?
Kurze Lebenszyklen als Hauptproblem
Nahezu jede:r besitzt ein Smartphone und dieses wird in Europa durchschnittlich 26 Monate genutzt bis bereits ein neues Modell an die Tür klopft. Eva Gouwens, die Chefin von Fairphone, benennt in einem kürzlich veröffentlichen Interview die kurzen Lebenszyklen von Smartphones als Hauptproblem für die Unnachhaltigkeit der Smartphone-Industrie. Demnach werden jedes Jahr 1,4 Milliarden Smartphones gekauft und noch mehr hergestellt. Nach einer durchschnittlichen Nutzung von 26 Monaten werden die Smartphones anschließend nur zu 20 Prozent recycelt.
Das Fairphone als Alternative
Für das Fairphone 4 wird erstmals eine 5-Jahres-Garantie angeboten. In dem Interview heißt es weiter, dass für jedes verkaufte Fairphone ein Altgerät recycelt oder aufbereitet wird. Dennoch erscheint das Fairphone 4 bereits zwei Jahre nach dem Vorgängermodell, dem Fairphone 3. Dieses Vorgehen trägt zu den kurzen Lebenszyklen von Smartphones bei. Die Chefin von Fairphone begründet dies damit, dass kürzere Abstände zwischen Geräten notwendig seien, um das Ersatzteilversprechen halten zu können.
Android als Betriebssystem
Doch selbst wenn Ersatzteile über 5 Jahre hinweg und vielleicht noch länger nachgeliefert werden können, kann es mit Updates anders aussehen. Häufig werden ältere Smartphone-Modelle nicht mehr mit Updates versorgt und der / die Nutzer:in wird dadurch indirekt gezwunden zu einem neueren Modell zu wechseln. Das Fairphone wird mit dem Betriebssystem Android ausgeliefert. Android ist ein quelloffenes System auf Basis von Linux, welches von einem Zusammenschluss von Herstellern, Software-Unternehmen und Netzbetreibern weiterentwickelt wird. Federführend bei der Entwicklung der Software ist jedoch der Großkonzern Google. Das bedeutet, dass für die optimale Nutzung eines Smartphones mit Android Betriebssystem eine Anmeldung mit einem Google-Konto gefordert wird. Mit der Anmeldung erlangt der / die Nutzer:in Zugriff auf die Google Apps, welche zur Standardausstattung zählen. So beispielsweise der Google Play Store, über welchen Apps heruntergeladen werden können. Ohne die Verbindung mit einem Google-Konto gibt es keinen Zugriff auf den App-Store.
Android mit oder ohne Google
Grundlegend benötigt das Android-Betriebssystem die Google Apps nicht. Da Google jedoch maßgeblich die Entwicklung der Software bestimmt, ist Android auf die Nutzung der Google Dienste ausgelegt. Der Vorteil für Google besteht darin, dass fast alle Daten von Nutzer:innen eines Android Betriebssystems, welches mit einem Google-Konto verknüpft ist, erfasst werden können. Dazu zählen unter anderem oft besuchte Orte, installierte Apps, der Zeitpunkt von versendeten Nachrichten oder Telefonaten, getätigte Bestellungen oder Einkäufe, besuchte Webseiten sowie angeschaute Videos und gehörte Musik. Je mehr Google Apps wie Gmail, Maps, YouTube, Chrome, Google Fotos oder Play Music genutzt werden, desto mehr Daten kann der Großkonzern sammeln und für Werbezwecke verwenden.
Das Smartphone von Google befreien
Ein Smartphone ohne Google ist zum Schutz der Daten also empfehlenswert. Ein Weg, um Google vom Smartphone zu bekommen, ist ein alternatives Betriebssystem auf dem vorhandenen Smartphone zu installieren oder ein entsprechendes Smartphone mit bereits installiertem Betriebssystem zu kaufen. Gleich vorweg, nicht alle Smartphone-Modelle unterstützen die Installation von einem anderen Betriebssystem. Wir möchten im Folgenden Empfehlungen zu einem googlefreien Smartphone abgeben. Die Installation eines alternativen Betriebssystems ist eher für technische affine Nutzer:innen ratsam, während beim Kauf eines neuen Smartphones jede:r zu einer entsprechenden Alternative greifen kann. Topio bietet eine gute Übersicht über Möglichkeiten dem Smartphone etwas Nachhaltigkeit zu verpassen.
/e/ von der eFoundation
Technisch affine Nutzer:innen können das Smartphone selbst flashen und ein Betriebssystem ohne Google installieren. Wir möchten an dieser Stelle das alternative Betriebssystem der eFoundation vorstellen. /e/ bietet neben einem mobilen googlefreien Betriebssystem auch ausgewählte Anwendungen sowie Onlinedienste. Das Fairphone und viele weitere Modell sind für die Installtion von /e/ geeignet. Eine ausführliche Liste ist hier zu finden. Ein weiterer Vorteil von /e/ ist, dass es für die Installation einen easy-installer gibt. Der Installer ist für Linux und Windows verfügbar. Die Liste der unterstützen Geräte ist jedoch beschränkt, das Fairphone ist dabei. Der Installer führt schrittweise durch die Installation von /e/ und nimmt einiges an Arbeit ab. Für Smartphone-Modelle, welche nicht von dem esay-installer unterstützt werden, gibt es ein Install doc, welches die manuellen Installationsschritte auflistet.
Smartphone ohne Google kaufen
Wem das zu kompliziert ist, kann ein entgoogeltes Smartphone fertig kaufen. Die eFoundation bietet selbst Smartphones mit bereits installiertem /e/ Betriebssystem zum Kauf an. Und bei Topio findet sich eine Übersicht zu Shops mit fertig eingerichteten Smartphones - natürlich ohne Google.
iPhone Nutzer:innen beißen in den sauren Apfel
Das iPhone kann zunächst ohne Apple-ID eingerichtet werden. Ähnlich wie bei einem Smartphone mit Android und der Einrichtigung eines Google-Accounts, kann beim iPhone während des Installationsvorgangs die Frage nach der Apple-ID übersprungen werden. Spätestens beim App-Store ist dann aber Schluss, denn für die Installation von Apps über den App-Store ist ein Account mit Apple-ID notwendig. Zum iOS Betriebssystem gibt es allerdings kaum Alternativen bzw. lassen diese sich nicht auf dem iPhone installieren. Wer sich für ein iPhone entscheidet ist an iOS gebunden und benötigt eine Apple-ID, während sich der Großkonzern über die Daten freut.